Kinderpsychologie – umstrittende Wissenschaft
Die Kinderpsychologie ist ein spezieller Zweig der Psychologie. Sie befasst sich mit der kindlichen Entwicklung von der Geburt bis zur Reifephase. Besondere Bereiche sind die Bindungsforschung und die Entwicklungspsychologie.
Als Begründer der Kinderpsychologie gilt William Thierry Preyer (1841-1897), Ordinarius für Physiologie an der Universität Jena. Er hatte die ersten drei Lebensjahre seines Sohnes in einem Tagebuch dokumentiert und methodisch ausgewertet. 1882 erschien sein Buch „Die Seele des Kindes“, in dem zum ersten Mal ein Kind Gegenstand empirischer Untersuchungen geworden war. Preyer verknüpfte entwicklungsphysiologische Studien mit systematischen kinderpsychologischen Untersuchungen. Am Anfang arbeitete die Kinderpsychologie fallorientiert, später dann kam sie zu durchschnittsbezogenen Ergebnissen, die zu Vergleichen bei Entwicklungsauffälligkeiten herangezogen wurden. Ob das so richtig ist, wird wieder in Frage gestellt.
Ein anderer bekannter Psychologe, Professor William Stern (1871-1938) beobachtete mit seiner Frau die eigenen drei Kinder in den Jahren von 1900 bis 1918 und schrieb über seine Langzeitstudien drei Werke: „Die Kindersprache“ (1907), in dem er als erster Natur und Kultur als Partner der kindlichen Sprachentwicklung sah. „Erinnerung, Aussage und Lüge in der ersten Kindheit“ (1908), das sich mit der kindlichen Auffassung von Realität und Wunschdenken befasst. Schließlich „Psychologie der frühen Kindheit bis zum sechsten Lebensjahr“ (1914).
Das Zeichnen galt in der traditionellen Entwicklungspsychologie als Mittel zum Erkennen frühkindlicher Störungen. Nach heutigem Erkenntnisstand lässt sich aus kindlichen Zeichnungen höchstens eine künstlerische Begabung ableiten. Als Elternteil muss ich nicht befürchten, dass mein Kind nicht altersgemäß entwickelt ist, weil es mit Stiften und Papier nicht so sicher umgehen kann wie ein anderes gleichaltriges Kind.