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Der Mann, der sich nicht traut

In einer alkoholisierten, stillen Sekunde vertraute mir ein guter Freund an: Er ist vor der Frage aller Fragen weggelaufen.

Stellen Sie sich vor: Da stehen Sie, im weißen, wunderhübschen Rauschekleid und der Standesbeamte fragt Ihren noch nicht ganz angetrauten Bräutigam: ,,Wollen Sie….?“ Und der rennt weg. Husch, zur Tür hinaus, ward der Mann nicht mehr gesehen, mit dem Sie eben noch den Rest Ihres Lebens verbringen wollten.

Genau das hat nämlich besagter guter Freund getan. Dem haben derart die Knie geschlottert, dass ihm nichts besseres einfiel, als einfach wegzulaufen. Ich dachte bisher, solche Dinge gibt es wirklich nur im Film. Ich meine, man denkt doch vorher schon meistens monatelang darüber nach, ob man diesen Menschen, mit dem man zusammen lebt, auch wirklich heiraten möchte. Das ist ja keine ,,Holla, die Waldfee“-Entscheidung, die man eben so nebenbei fällt, sondern die wohl überlegt beim romantischen Dinner auf den Tisch gebracht wird. Mit eben der Frage aller Fragen: ,,Willst du…?“

Und jemand, der wegrennt, der hat wohl nicht wirklich nachgedacht. Oder noch ein paar Dinge zu erledigen. War noch nicht reif genug. Aber einer von beiden steht dann da, mit einem Anfang von einem neuen Leben, welches nicht stattfindet. Zurück bleibt ein emotionaler Scherbenhaufen. So etwas ist dann aber auch wirklich nur im Film lustig. Im wahren Leben schmeckt Hollywood eben manchmal auch bitter. Und nicht wie Zuckerwatte.

Mein guter Freund übrigens ist jetzt Single. Und seit Jahren auf der Suche nach Mrs. Right. Oft genug sehe ich ihn sitzen, traurig, Bier trinkend und wie er mit sich selbst und der Welt hadert. Er fühlt sich einsam und wünscht sich Kinder. Hätte er ja alles schon haben können, nicht wahr? So hat eben jeder sein Päckchen zu tragen. Und verurteilen will ich ihn dafür auch nicht. Wer weiß, ich wäre vielleicht genauso davon gelaufen wie er. Zuzutrauen wäre mir das sicherlich.

Helena