Mehr Zeit für die Familie: ist die 32-Stunden-Woche eine Lösung?
Kaum im Amt löste die neue Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig mit ihrem Vorschlag einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit für junge Eltern auf 32 Stunden eine lebhafte Debatte aus. Mittlerweile ist die Ministerien bereits etwas zurückgerudert, indem sie den visionären Charakter ihrer Idee betonte. Dennoch wird weiterhin intensiv gestritten, ob eine 32-Stunden-Woche tatsächlich realisierbar ist und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht.
Argumente der Wirtschaft
Wie nicht anders zu erwarten, war die Resonanz auf Schwesigs Vorschlag bei Vertretern der Wirtschaft, wie zum Beispiel des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, überwiegend negativ. Sie befürchten Schwierigkeiten der Finanzierung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung aus Steuergeldern. Allerdings fallen die Kosten für den Partnerschaftsbonus, den Eltern bekommen sollen, wenn beide ihre Arbeitszeit reduzieren, mit lediglich 140 Millionen Euro pro Jahr vergleichsweise bescheiden aus. Schwerwiegender ist das Argument, dass hoch spezialisierte Fachkräfte ganztags an fünf Arbeitstagen in der Woche im Unternehmen benötigt werden. Wenn Teilzeit von 32 Stunden zur Regel unter jungen Spitzenkräften wird, resultieren daraus erhebliche Effizienzverluste. Im Übrigen weisen Unternehmer zu Recht darauf hin, dass auch jetzt schon die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit besteht. Diese wird allerdings überwiegend von jungen Müttern genutzt, die nach der Geburt ihres ersten Kindes meist keine Karrierepläne mehr hegen.
Die Meinung von Arbeitnehmern
Der Deutsche Gewerkschaftsbund dagegen begrüßte Frau Schwesigs Vorstoß. Spitzenfunktionäre wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf in Deutschland besonders schwierig ist. Als Ursache führten sie die Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz an, die von deutschen Betrieben im Übermaß verlangt werde. Eine partnerschaftliche Reduzierung der Arbeitszeit kann nach ihrer Ansicht einen Ausweg aus dem Dilemma darstellen, vor das die Familiengründung junge Berufstätige häufig stellt. Tatsächlich beweisen die skandinavischen Länder, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit beider Elternteile eine vollwertige Berufstätigkeit von Männern und Frauen ermöglicht, ohne dass dabei die Kinder zu kurz kommen.
Familienfreundlichere Arbeitsbedingungen
Trotz des deutlich verbesserten Angebots der Betreuung von Kleinkindern und der Einführung des Elterngeldes ist die Geburtenrate in Deutschland nicht gestiegen. Ob die 32-Stunden-Woche mit teilweisem Ausgleich des Lohnausfalls den gewünschten Effekt haben kann, ist strittig. Doch es lohnt sich in jedem Fall zu prüfen, mit welchen Maßnahmen man jungen Eltern helfen kann, die Anforderungen von Beruf und Familie leichter zu bewältigen.
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